Alumni im Interview: Dr. Michael Groß von der Goethe-Uni

Dr. Michael Groß (58) hat seit 2015 einen Lehrauftrag für „Digital Leadership“ an der Goethe-Universität, aber der gebürtige Frankfurter sowie promovierte Germanist und Medienwissenschaftler ist vielen noch besser bekannt als der „Albatros“. Er stellte in den 80er-Jahren zahlreiche Rekorde im Schwimmen auf und gewann mehrere olympische (Gold-)Medaillen.

Wie haben Sie Ihre Studienzeit an der Frankfurter Uni erlebt?

Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre gab es ja noch den Campus Bockenheim, aber schon damals war es eine Massenuniversität und überall extrem beengt, obwohl weniger Leute studierten als heute. Wer noch den früheren AfE-Turm kennt, weiß wie molochartig es dort zuging. Die Infrastruktur war überall eher minimalistisch. Das studentische Leben war also geprägt durch teils abenteuerliche Verhältnisse sowie stark politische Aktivitäten. Bedingt durch meinen Sport und das tägliche Training, konnte ich das aber nicht komplett mitmachen, denn ich war nur „anlassgetrieben“ vor Ort. Den Lehrplan hatte ich mir extra so gelegt, dass ich nicht ganztägig, sondern vier Stunden vor- oder nachmittags an der Uni war oder auch mal gar nicht. Immerhin erlaubte es mir meine Bekanntheit – ich war zu diesem Zeitpunkt schon mehrmals zum „Sportler des Jahres“ gewählt worden – Prüfungen nachzuschreiben, wenn ich während der Klausurphase für eine Weltmeisterschaft ins Trainingslager musste.

Welche Einrichtungen des Studierendenwerks haben Sie damals genutzt?

Da sich ja einige Institute übers ganze Westend verteilten, war man viel unterwegs und hat daher wenig „Campus-Atmosphäre“ mitbekommen. Immerhin habe ich natürlich Einrichtungen wie Mensa und Cafeteria intensiv genutzt, wobei das damalige kulinarische Angebot ja eher überschaubar war – ganz im Gegensatz zur Leipziger Straße um die Ecke. Insofern haben wir uns immer erstmal informiert, was es in der Mensa gibt, bevor wir manchmal eben auch in die nächste Kneipe, zum Bäcker oder an die Dönerbude gegangen sind. Leider war ja auch die Aufenthaltsqualität auf dem Campus Bockenheim nicht gerade überragend.

Konnten Sie als Leistungssportler damals auch „sorglos“ in der Mensa essen?

Schwimmen ist ja ein Ausdauersport, und das macht die Ernährung relativ einfach. In der Mensa gab und gibt es eigentlich fast immer leckere Nudeln, zum Beispiel eine schöne Lasagne, und da konnte man nicht viel falsch machen. Wenn ich morgens trainiert habe, war ich mittags an der Uni und hatte richtig Kohldampf. Da war es dann ein Klassiker, sich eine große Portion Nudeln zu holen.

Hatten Sie ein Lieblingsessen – wenn ja, welches?

Neben den verschiedenen Nudelgerichten war mein Favorit Zürcher Geschnetzeltes. Gab es sogar mit Rösti. Das ist zwar nicht unbedingt gesund. So eine kleine Sünde ab und an gönne ich mir auch heute noch.

Wie schätzen Sie heute das Mensaessen ein?

Heute reden wir ja insgesamt von einer ganz anderen Qualität und Infrastruktur. All das, was sich gesamtgesellschaftlich in den letzten 40 Jahren entwickelt hat und heute selbstverständlich ist, zeigt sich eben auch hier. Gerade vegetarische oder vegane beziehungsweise gluten- oder laktosefreie Gerichte gab es ja damals gar nicht. Heute eigentlich unvorstellbar, dass damals jeder quasi das Gleiche gegessen hat. Auf dem neuen Campus ist eben auch das Angebot in der Mensa viel größer und besser geworden, und ich gehe heute manchmal hier essen. Dabei ist es angenehm, dass mich inzwischen fast niemand mehr erkennt, denn damals war ich bekannt wie ein bunter Hund, und ich wurde oft verwundert gefragt, was ich denn an der Uni mache. Oft musste ich dann erklären, dass ich eben ganz normal studiere und nur „hobbymäßig“ schwimme – zufälligerweise halt wesentlich schneller als andere.

Welche Entwicklung konnten Sie seit Ihrer eigenen Studienzeit wahrnehmen?

Man sieht, dass sich hier alle viel Mühe geben, immer wieder neue Akzente zu setzen. Wichtig ist, dass die hervorragende Infrastruktur mit Leben gefüllt wird, um den Standort attraktiv zu machen. Die tolle Aufenthaltsqualität beruht natürlich nicht unwesentlich auf der Lehre und Forschung, aber ebenso auf der Arbeit des Studierendenwerks, das fortlaufend Ideen entwickeln kann, was den hier Anwesenden geboten wird. Ein so hochwertiger Campus sollte eben auch auf hohem Niveau betreut werden. So hält beispielsweise die Qualität des Caterings bei Veranstaltungen durchaus mit kommerziellen Angeboten stand.

Was hören Sie diesbezüglich von Ihren Studierenden?

Viele sind zufrieden, wobei die ja keinen Vergleich haben. Die eher rustikale Situation in den 80er-Jahren auf dem Bockenheimer Campus kennen die heutigen Studierenden ja nicht. Allerdings tausche ich mich mit denen kaum über Themen rund ums Essen und Trinken aus. Und bei BAföG-Problemen oder Fragen zu Beratungsangeboten bin ich ohnehin kein fachlich versierter Ansprechpartner.

Wie nehmen Sie heute das Studierendenwerk wahr?

Als Lehrbeauftragter wie ich nimmt man die Leistung wahr, aber nicht, wer oder welche Institution dahintersteht. Das ist aus meiner (Marketing-)Sicht allerdings auch nicht schlimm. Da kann der Außenauftritt noch so gelungen sein – am Ende des Tages kommt es immer auf die Dienstleistungen an, und solange die stimmen, haben die Verantwortlichen alles richtig gemacht. Und gerade, wenn ich mit privat finanzierten Hochschulen vergleiche, muss sich das hiesige Studierendenwerk überhaupt nicht verstecken.

Was würden Sie sich für die nächsten 100 Jahre wünschen?

Wichtig ist, dass man sich an den – sich weiterentwickelnden – Bedarfen der Studierenden orientiert, also immer wieder neue Ideen einbringt. Auch dort, wo ein gesetzlicher Auftrag erfüllt wird und es einen nur engen Spielraum gibt, kann im Kleinen etwas gestaltet werden. Außerdem spielt die Internationalität, die Frankfurt auszeichnet, eine große Rolle, und das macht die Sache spannend! Immerhin fungiert die Goethe-Uni als Anziehungspunkt für Menschen aus aller Welt, und diese sollten nach Möglichkeit dann auch in der Stadt gehalten werden. Das Studierendenwerk sollte daher diese Vielfalt des Standorts weiter befruchten und den Studierenden unterschiedlicher Herkunft das geben, was sie brauchen – ob Gerichte aus ihrer Heimat oder Dienstleistungen auf internationaler Ebene. Nicht zuletzt geht es darum, positive Erinnerungen zu schaffen, damit möglichst viele nach Abschluss ihres Studiums hier eben hängenbleiben und eine lebendige Alumni-Kultur aufbauen, denn das brauchen wir!

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